Cannabinoide im täglichen klinischen Einsatz

Vision, Realität, Evidenz

Cannabinoide gehören auf Grund ihrer Wirksamkeit zu den am längsten bekannten biologisch aktiven Stoffen der Menschheitsgeschichte.

Die analgetische Behandlung von Patienten mit chronischen Schmerzzuständen im Bereich des Bewegungs- und Stützapparates ist häufig nicht zufriedenstellend. Auch der Einsatz von starken Opioiden und Antirheumatika führt in vielen Fällen zu einer nur beschränkten Linderung initial unerträglicher Schmerzen. Darüber hinaus vermindern typische Nebenwirkungen der Opioide wie Übelkeit und Erbrechen, Obstipation und Spasmen die Lebensqualität der Patienten.

Auf Grund dieser Erfahrung versuchte ich bereits im Jahre 2001 Schmerzpatienten in schwierigen Fällen auf Cannabinoide einzustellen. Ausschlaggebend dafür war ein Seminar beim Neurobilogen Walter Zieglgänsberger, Max Planck Institut München. (1) Es folgte 2003/2004 eine akademische Studie zu diesem Thema: „Klinische Studie zur Überprüfung des Nutzens einer Add-On- Therapie mit Cannabinoiden bei Patienten mit chronischen Schmerzzuständen.“ Schon im Cross-Over der Run-In-Phase zeigte sich die Überlegenheit der Cannabinoide. Zuletzt entschieden sich 85% der Studienteilnehmer für das Cannabinoid.

So ist der Ultima Ratio Einsatz von Cannabinoiden beim chronischen Schmerzsyndrom mit hohem Leidensdruck auf Grund des augenscheinlich gut „zugeschnittenen“ Wirkprofils bei teilweise fehlenden Nebenwirkungen durchwegs gerechtfertigt. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Bericht „The Health Effects of Cannabis and Cannabinoides“ Current State of Evidence and Recommendations for Research der Nationalen Academies of Science*Engeneering*Medizin im Februr 2017 (2).

  1. Pinsger M, Schimetta W, Volc D, Hiermann E, Riederer F, Pölz W. Nutzen einer Add-On-Therapie mit dem synthetischen Cannabinomimetikum Nabilone bei Patienten mit chronischen Schmerzzuständen – eine randomisierte kontrollierte Studie. Wien Klin Wochenschr 2006; 118(11-12):327-35.
  2. National Academies Press, The Health Effects of Cannabis and Cannabinoides, The Current State of Evidence and Recommendations for Research 2017

Cannabinoide in der Geschichte

Einleitung

“Die Geschichte der Cannabis-Pflanze in der Medizin reicht weit in das antike China zurück und lässt den Schluss zu, dass Cannabinoide die längste Evidenz psychotroper Substanzen besitzt.”

Um die Jahrhundertwende (18./19. JH) wurde Cannabis als Medizin in England und den USA angeboten. England hatte durch seine Handelswege nach Indien gute Möglichkeiten Cannabis Produkte zu importieren. In den USA war Hanf ein wesentlicher Produktionszweig (Taue für die Schifffahrt, Papierproduktion etc.). Mit dem Aufkommen von Aspirin als Schmerzmittel oder Luminal als Schlafmittel Anfang des 19. Jahrhunderts, kamen Alternativen auf den Markt. Mit der Marihuana Tax Act 1937 wurde die Cannabis/Hanf – Produktion in den USA lahmgelegt (dahinter standen Initiativen der wachsenden Kunststoffindustrie). 1942 wurde Cannabis aus der United States Pharmacopoeia gestrichen. Einer der wichtigsten Vertreter der Anti – Cannabis Campagne war Harry Anslinger (Leiter des Federal Bureau of Narcotics). Ihm gelang es 1961, die UNO von der Gefährlichkeit und Nutzlosigkeit zu überzeugen. Dieser UNO Single Convention on Narcotic Drugs hatte nun weltweite Wirkung, auch Österreich schloss sich an.

Mit dem Controlled Substances Act of 1970 wurde Cannabis als Schedul 1 Drug charakterisiert und somit der medizinischen Forschung und Nutzung entzogen.

Das Aufkommen psychedelischer Drogen Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre (1967 Friedensbewegung: „Make love, not war“) war unter anderem Auswirkung des Vietnamkrieges (1955-1975), wo viele „traumatisierte“ und Drogen abhängige Veteranen aus den Kriegsgebieten zurückkehrten. Cannabis wurde zu diesem Zeitpunkt zwar reichlich konsumiert, medizinischer Einsatz war jedoch verboten.

Durch den Compassionate Use Act 1996 in Kalifornien wurde der legale medizinische Gebrauch von Cannabinoide wieder möglich.

Voraussetzung dafür waren Erkenntnisse der Grundlagenforschung:

Das österreichische Suchtgiftgesetz (SGG) trat 1951 in Kraft und wurde bis ins Jahr 1998 novelliert. Damit war auch die negative Einstellung zu psychotropen Substanzen festgeschrieben.

1998 wurde das „neue“ Suchtmittelgesetzt verfasst. Zu diesem Zeitpunkt wurden auch erstmals Opiate für den „Benignen Schmerz“ zugelassen.

Erste medizinische Anwendungen in Österreich gelangen Thomas Berger bei Multiple Sklerose Patienten 1995. Es konnte gezeigt werden, dass die Symptome, Spastizität, Schmerz, Schlaf und allgemeines Wohlbefinden durch Cannabinoide deutlich gebessert werden konnten und dass dabei die Betroffenen zum Präparat eine hohe Compliance zeigten bei wenig Nebenwirkungen. Eine groß angelegte Studie in den UK bei 630 MS-Patienten konnte diese Ergebnisse bestätigen (CAMS: Cannabinoids in MS 2003).

Meine ersten Gehversuche mit Cannabinoiden datieren auf das Jahr 2001 zurück. Bei dem damaligen Deutschen Schmerzkongress im Oktober in Berlin hatte ich die Gelegenheit Prof. Walter Zieglgänsberger (Leiter Klinische Neuropharmakologie Max Planck Institut für Psychiatrie, München) kennen zu lernen. Nach seinem Workshop über Cannabinoide und ihre Bedeutung im Schmerz war mir klar, dass nach den Opiaten nun die Cannabinoide das wissenschaftliche Geschehen über kurz oder lang prägen werden.

Literatur: Geschichte, Pharmakologie und moderne klinische Anwendung von Cannabis sativa und seinen Wirkstoffen. Simon Pintar, Medizinischen Universität Graz

Fallbeispiele bei Cannabinoidtherapien

Das ABC der Patientenführung

Anhand von 1-2 Patienten soll die Therapie mit Cannabinoiden bei Schmerzerkrankungen lebensnahe vermittelt werden.

Für diese Explorationen im Team sind natürlich gewisse Grundvoraussetzungen notwendig:

Gespräche mit Betroffenen sind nur dann sinnvoll und lehrreich, wenn sich der Patient in der Kleingruppe öffnet. Ich persönlich habe bei solchen Gesprächen viel dazu gelernt und möchte daher auch im Rahmen dieses Lehrgangs auf diese Möglichkeit nicht verzichten.

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn Sie diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwenden oder auf "Akzeptieren" klicken, erklären Sie sich damit einverstanden.

Schließen